Spanien: historische Bibliothek der Universität Salamanca (2015)







Fritz Reuter (1810-1874)
"Dörchläuchting"


De Bäckerfru Schultsch un de Herzog Adolf Fridrich de Virte
von Meckelnborg-Strelitz up den Mark tau Nigenbramborg

Dörchläuchten was den Morgen en beten tidiger upstahn as för gewöhnlich un gung nu in 'ne rode, sidene Hos', witte, sidene Strümp un Schauh mit blanke Snallen en beten vör sine Paleh up un dal; in de ein Hand hadd hei en Ruhrstock mit en demantenen Knop un hadd sei hinnenwarts up sinen vigeletten Sanftrock leggt, de dick mit gollen Tressen beset't was, hinnen in den Nacken lagg em en breiden Horbüdel, un up den Kopp satt em en lütten, verdeuwelten Dreimaster, de de sworen Regierungssorgen insowid verdecken würd, dat dor blot en por rechtsch un linksch verluren rutekiken kunnen; twei Lakaien gungen acht Schritt langs achter em, un Kammerdeiner Rand stunn in de Dör un kek tau, indem dat hei sick ogenschinlich äwer sinen Herrn freu'n ded.

"Gun Morrn, Dörchläuchting!" säd oll Böttcher Holz, de tau Kirchen gung. "Gun Morrn ok!", säd Dörchläuchten gnedigst wedder. "Gun Morrn ok, Dörchläuchting", säd Slachter Jürndtsch, de grad' en por Karmenadenstücken nah den Herrn Hofrat Altmannen sinen Hus' dragen wull, denn de Herr Hofrat et ümmer girn en beten wat Apartes, un Karmenaden wiren dunntaumalen för de Nigenbrambörger noch ganz wat Apartes, "gun Morrn ok, Dörchläuchting; na ok wedder en beten hir? Ja, 't is hir äwer ok gor tau schön bi uns, un't Weder is ok so schön, un denn hewwen wi ok up Stun'ns so'n schönes Hamelfleisch, un..." "Gun Morrn ok", säd Dörchläuchten un gung gnedigst wider.

"Gun Morrn, Dörchläuchting", pust'te Bäcker Schultsch heranne, de so vullkamen utsach in ehren gräunen, breiden Rock un brunsidenen Dauk un witte Sünndagskapp, as wenn sei ut dreiduwwelte Sträng' tausamdrellt wir; un dat was sei ok, denn irstens was sei Dörchläuchten sine Nahwersch liktau von sine Paleh, tweitens was sei Dörchläuchten sine Stutenliwerantin, un drüddens was sei den gnedigsten Herrn sine Mitkollegin in't Regieren; denn wat Dörchläuchten för't ganze Land, was Schultsch för ehr ganzes Hus, un ehre Unnerdahnen säden, sei regierte in'n ganzen noch en gauden Schepel forscher as Dörchläuchten sülwst.

As nu dese beiden regierenden Monarchen up den Mark tau Nigenbramborg tausamendropen, was dat för alle Nigenbrambörger, de taufällig ut dat Finster keken, hellschen fierlich antauseihn, wo sei sick de gegensidigen Ihren erwisen deden, indem dat jeder wat von sine eigene Würd' nahgaww, üm den annern tau Ihren tau bringen. De regierende Bäckerfru as lüttere Potentat - dat heit, nah de Unnerdahnen berekent - fung drei sösteihnfäutsche Raud rhinländsch Mat von Dörchläuchten af dormit an, de Hannürs tau maken, dat sei dor en lütten Knicks makte, as sei süs woll för en gauden Kunden in ehren Vörrat hadd; dorup rückte sei twei Raud vör, de Hän'n in de Siden un mit Pusten - äwer blot wegen ehre Vülligkeit, nich ut Stolz -, un makte en Knicks, as hei sick ungefihr för den irsten Burmeister passte, gung dunn neger, stek de Hän'n unner de Schört un folgte sei äwer de Mag' un dükerte nu dicht vör Dörchläuchten unner un schot in'n Dutt tausamen, as wenn ein von ehr Virschepelssäck mit Weiten unnenwarts en Ret kregen un utlopen wir, un säd, as sei wedder tau Höchten un tau Aten kamen was: "Gun Morrn, Dörchläuchting." De regierende Herr as grötere Potentat makte sine Mitkollegin 'ne lütte Wennung halw linksch tau, läd sine linke Hand an den Degengriff, grep mit de rechte an den Dreimaster, äwer blot üm sick dorvon tau äwertügen, wat hei ok fast naug sitten ded, dat hei sine högeren Ihren un Würden jo nicks vergew. "Gun Morrn ok, Schultsch. Wat will Sei?" frog hei.

Schultsch wull nu vel: irstens wull sei an desen gesegenten Himmelfohrtsdag, wenn sei wegen ihre irdische Vülligkeit un Kumplettigkeit ok nich grademang gen Himmel fohren kunn, doch as regierende Bäckerfru Schulten in de Ogen von de "Groten an den Mark" tau Nigenbramborg so hoch stiegen, as ehr Gewicht taulet, un wull derentwegen ehre Ledder an Dörchläuchten sine Hoheit anleggen un doran tau Höchten klaspern; un tweitens wull sei Geld. Dörchläuchten hadd nämlich in den Sommerfeldtog von verleden Johr allen Mundvörrat vör sick un sine Armee von Hofdeinsten un Lakaien ut de Gegend requiriert, wo hei sin Standquartier upslagen hadd, un hadd doräwer Schatzbongs utstellt; dat heit mit annern Würden, hei hadd tau Nigenbramborg an den Mark un Ümgegend sinen Unnerholt tausamenpumpt un hadd verspraken, hei wull taukamen Johr betahlen: den Ratskellermeister Kunsten den Win, den Slachter Christlieben dat Fleisch un Bäcker Schulten dat Brod un den Stuten. Nu hadd sick Schultsch dat vörnamen, desen Staatsverdrag tüschen Dörchläuchten, Paciscenten up de eine Sid, un tüschen ehren Eheherrn Krischan Schulten, Paciscenten up de annere Sid, up diplomatischen Wegen in Richtigkeit tau bringen.

Sei gung nu also, as ehr Dörchläuchten de Frag': "Wat wull Sei?" so - baff! - in den Bort smet - denn sei hadd en beten von Bortwarks -, gor nich drup in und säd, indem sei mit Dörchläuchten anfung up un dal tau gahn un sick üm den hogen Herrn sin dörchläuchtigstes Achterdeil herümmerwölterte, dat sei em de ihrfurchtsvulle rechte Sid äwerlet: "Je, Dörchläuchting, dat seggen Sei woll. Seihn S', ick bün up Fastelabend nu ok all dreiunsöstig worden, un wat min Krischan is - Sei kennen em jo, hei was jo dat, de dunntaumalen, as de Börgerschaft Sei wegen de nige Paleh tau Pird von den Dannenkraug afhalen ded, dat Mallür hadd, dat em de Stigbägel ret un hei von't Pird föll, wobei Sei noch de hoge Gnad' hadden tau seggen, de Swinegel wir woll besapen; wat hei äwer nich was, denn - Snaps? - Nich rög' an! Äwer Bir - ja, dat drinkt hei - wi hewwen äwer ok schön Bir - duwwelt un einfach, wat de slichten Minschen ut Schawernack 'Lüttjedünn' nennen. Nu frag' ick Sei, Dörchläuchten, is dat Lüttjedünn, wovon sös Butteln en Kirl ümsmiten?"

Hir was Schultsch ehr Pust tau En'n un Dörchläuchten sin Paleh, hei dreihte also üm un säd, dat hei so'n Bir sülben nich för Lüttjedünn estemieren künn. Schultsch makte wedder ehre Wennung achter em rüm un säd: "Dat segg ick, Dörchläuchten, un de Herr Konrekter drinkt ok ümmer dorvon, dat heit Alldags, Festdags drinkt hei Duwwelbir. Äwer wat ick seggen wull - mit Krischanen - ick segg, Dörchläuchting, hei ett tau unrimschen un denn so fett! Seihn S', dor kam ick nilich äwer tau, dor hett hei sick en Stück Ledderkes' afsneden rund üm den Kes' un hett sick dor Botter upsmeert, un dat ett hei ahn Brod - dat hett hei blot von den Kirl, den Zirzowschen Hollänner, lihrt, un dorin is hei grad' as en Kind. 'Ne', segg ick, 'Krischan, Kinnermat un Kalwermat möten oll Lüd' weiten. Süh', segg ick, 'kik mi an, ick heww - Gott sei Dank! - ok en gauden Apptit, un't helpt mi jo ok; äwer du äwerdriwwst dat, du geihst jo up as en Weitendeig, un de Herr Konrekter seggt dat ok', denn hei kümmt männigmal bi uns vör un set't sick bi Krischanen up de Bänk, indem dat hei Krischanen girn liden mag, un denn set't hei sick ümmer up Krischanen sine fründliche Sid, denn Sei weiten jo, Dörchläuchting, Krischanen hett vör en Johr de Slag rührt, un up de ein Sid trant em dat Og, un hei süht von de Sid ut, as wenn hei ludhals' rohren deiht, wat äwer nich is, denn hei is ümmer lustig, un dorüm set't sick de Herr Konrekter ümmer up sine lächerliche Sid, un Krischan vertellt denn allerlei Spaß, denn hei is hellschen putzig in't Vertellen."

Hir was de Pust un't Paleh wedder tau En'n, un Schultsch makte wedder ehren Ümswang. "Wat makt denn de Konrekter?", frog Dörchläuchting. "Oh, ick dank velmal. Dat geiht jo noch ümmer mit em so lala, hei is jo ok noch in sine besten Johren, un de Lüd' seggen jo hei will wedder frigen." "Wat?", fohrte Dörchläuchting up, denn em schot mit einem Mal dörch den Kopp, dat hei för dat Woll von sine Unnerdahnen upkamen müsst. "Was will er?" "Herre Gott, Dörchläuchting", rep Schultsch un verfirte sick dägern, "is denn dat so wat Gefährlichs, wenn Lüd' sick frigen? Wi Brambörger frigen all, wenn wi känen, un Magistrat un Börgerschaft..." "Dummer Schnack!", rep Dörchläuchten, "welche Person will er heiraten? Wir wollen das wissen." Un dorbi kek hei Schultsch dörch all ehr Fett bet in dat Gewissen rin; denn kiken kunn hei hellschen. Schultsch fäuhlte denn ok den forschen Blick von sine Ogen un fäuhlte, dat en gewaltigen Herr ehre Niren prüfte; Utflücht wiren nich tau maken, sei stamerte also: "Je, Dörchläuchting, de Lüd' seggen jo, dat sall de Soltmannen sin, de vakante Kammerjumfer von de hochgnedige Prinzess; ick segg man, wat de Lüd' seggen; äwer ick..." "Dat sünd Kabalen", schreg Dörchläuchting, "dor steckt min leiw' Christelswester achter. Äwer ick will kein verfrigtes Volk üm mi rümmer hewwen, un de Konrekter sall nich frigen, denn ick kann em nich missen. Dat sünd Wiwerkabalen!"

Hm, dachte Schultsch, wenn hei so bibliwwt mit Towen, denn kriggst du kein Geld, du möst em wedder en beten begäuschen. "Dörchläuchting", säd sei lud, "dat mägen nu Kanebalen sin oder nich, äwer wat de Lüd' seggen, is nich; de nimmt hei nich, un ick heww all ümmer tau Krischanen seggt, 'du sallst seihn', säd ick, 'wenn hei ein nimmt, denn nimmt hei Dürten Holzen.'" "Wer is dat?", frog Dörchläuchten. "Je, Dörchläuchting", säd Schultsch un bögte sick recht tautrulich an den hogen Herrn ranne, "kennen Sei Dürten Holzen nich? Dat is jo den Herrn Konrekter sine Wirtschafterin. De gnedigste Herr stunn bi de Nahricht von dese Mesallianz ganz starr, Schultsch höll dit in ehren Unverstand för idel Sanftmäudigkeit un redte wider: "Un sei is jo all fiw Johr bi em west, un't is en orndlich un en flitig un en anseihnlich Frugensminsch, un dorbi is jo ok wider nicks nich tau seggen, un ick bün jo ok Wirtschafterin west, as Krischan mi frigen ded - na, dunn let mi dat ok noch en beten beter as up Stun'ns -, un sei is jo de Swester von Stining Holzen, de Ehr Löper Halsband frigen will, un as Hofrat Altmann gistern bi uns säd: Sei leden't nich, Dörchläuchting, dunn brummte Krischan wat in den Bort un makte de Dör von de Stuwenklock up un satt fiw klockenige Stun'n vör de Dör un schrew up dit Poppier de Reknung af, de von verleden Johr dor noch von Sei in steiht. Un hir..." Dormit wull sei em in ehren vullen Vertrugen de Reknung in de Hand steken, äwer wo prallte sei taurügg!

"Vaddersching", säd sei nah Johren noch ümmer tau de Smädfru Swartkoppen, wenn sei dit Stück vertellte, "hei süht jo för gewöhnlich man so geistlich un blassing von Gesicht ut, äwer ditmal was dat doch grad', as wenn ick up Krischanen sine nige schörlakene West kik, un de oll lütt Haut gung em up den Kopp von sülwen ümmer up un dal, un sin Horbüdel hadd sick pil in En'n reckt, un sine armen Beinen bewerten ordentlich vör Wut, as hadd hei stats en por Waden en por Kläterbüssen in de sidenen Strümp steken."

Un sei hett dit nich äwerdrewen, denn Dörchläuchten bewerte vör Wut an den ganzen Liw'. "Impertinentes Frauensmensch!", rep hei un stödd ehr de Reknung ut de Hand, dat Krischan Schulten sine sure, fiwstünnige schriftliche Arbeit so licht äwer den Mark henflog, as wir't 'ne blote Schauljungsarbeit. "Rand!", rep hei, "wo ist der Esel?" Wenn hei desen Titel brukte, denn wüsste Rand ümmer, dat Holland in Nod was un hei verlangt würd. Hei stört'te sick also ahn Besinnen in den diplomatischen Strid un söchte de Differenzen tüschen de beiden hogen Paciscenten tau vermiddeln, un dortau was hei, as wenn hei dortau eigens anstellt wir, denn wenn Dörchläuchten ok sin Herr was, so was Schultsch wegen ehr Duwwelbir sine leiwste Fründin.

"Mein Gott doch, Dörchläuchting, wat iwern Sei sick? Wo känen Sei sick äwer Schultschen argern? Mein Gott doch Fru Schulten, so laten S' doch de Arm ut de Sid! Passt sick dat? Dor möt Dörchläuchten sick jo äwer argern!" Denn Schultsch hadd in ehre gerechte Sak de Arm in de Siden stemmt. De beiden Lakaien wiren ok tausprungen, un Dörchläuchten winkte blot mit de Hand, un de Lakaien verstunnen dat ok glik un drewen Schultsch af, un Dörchläuchten winkte noch mal, un sei schücherten mit Schultsch äwer den Mark räwer.

"Rand!", rep Dörchläuchten, as de Luft halwweg' rein was, un halte deip Aten, "de Konrekter will frigen, Halsband will frigen" - hir lachte hei hell up - "dat Bäckerwiw giwwt mi 'ne Reknung", hir ballte hei achter Schultsch de Fust äwer den ganzen Mark räwer, "wat? Bün ick noch regierende Herr?"

Lieblingsautoren
und Lieblingsbücher

alphabetisch nach Autoren sortiert
- moderne Literatur (ab etwa 1900)
- klassische Literatur (vor etwa 1900)
italienische Literatur
alphabetisch nach Autoren sortiert
- aus meinem Bücherschrank
einige Klassiker
- Johann Wolfgang von Goethe
"Der Zauberlehrling"
- Friedrich Schiller
"Der Handschuh"
- William Shakespeare
"Hamlet" 3. Akt, 1. Szene
- Walther von der Vogelweide
"Ich saz ûf eime steine..."
en lütt beten up platt
- Fritz Reuter
"Dörchläuchting (un Mudder Schulten)"
- Rudolf Tarnow
"De söben Sinnen"
>> zum eMail-Kontakt-Formular
© Andreas Schröder, Rechweg 26, CH-8600 Dübendorf